Weichgespült

Man kennt sie: diese deutschen Fernsehsendungen, in denen selbst ein Wohnblockbrand klingt, als sei er Teil eines Achtsamkeitstrainings.

„An diesem Punkt möchten wir Sie, liebe Zuschauerinnen, liebe Zuhörende und Mitfühlende*, achtsam abholen.“

Ach ja? Und wo hole ich mich denn da jetzt bitte ab?

In einer Welt, in der Menschen nicht mehr „arbeiten“, sondern „sich in beruflichen Rollen wiederfinden“, wo Probleme „Herausforderungen“ und Katastrophen „besondere Ereignisse“ heißen, hat sich die deutsche TV-Sprache in eine weichgespülte Kunstsprache verwandelt – irgendwo zwischen Beichtstuhl und Gesprächskreis.

Ein Beispiel aus einer typischen Sozialdoku:

Früher: „Sandra ist seit zwei Jahren arbeitslos.“

Heute: „Sandra gestaltet aktuell eine berufsfreie Lebensphase und sieht sich dabei in einem ressourcenorientierten Prozess.“

Oder in einer Kinderdoku:

„Hier erleben wir eine Person im jüngeren Entwicklungsabschnitt, die aktuell einen Pausen-Snack zu sich nimmt.“

Das Kind isst einfach eine Brezel. Aber Gott bewahre, wir sagen das so.

Dann natürlich das Gendern. Nicht einfach beiläufig, sondern mit Zwangsbeatmung:

„An dieser Stelle möchten wir auch unsere Dachdeckenden und Dachdeckenden*innen herzlich willkommen heißen – und natürlich alle, die sich weder dem einen noch dem anderen zuordnen möchten.“

Ein Dach über dem Kopf haben? In Deutschland muss selbst das erstmal divers gedacht werden.

Und immer diese Frage:

„Wo hole ich Sie denn da ab?“

Antwort: Vielleicht bei der Realität.

Denn während das wahre Leben draußen tobt, watet das öffentlich-rechtliche Fernsehen weiter durch einen Sprachbrei, so samtig und konfliktscheu, dass selbst Rosamunde Pilcher sich langweilen würde.

Also liebe Medienschaffenden:

Vielleicht mal weniger abholen. Mehr aussprechen. Man kann auch mal sagen:

„Hier brennt der Kittel.“

Ohne vorher zu fragen, ob sich irgendwer abgeholt fühlt.