Der Regen hatte irgendwann in der Nacht aufgehört. Als Elina am frühen Morgen die Brücke betrat, war das Pflaster noch feucht. In der Luft lag dieser eigentümliche Geruch von Schiefer und Wasser, der ihr vertrauter war als ihr lieb war.
Sie blieb stehen. Nicht, weil sie es musste – sondern weil sie es fühlte. Irgendetwas stimmte nicht. Der Fluss rauschte ruhig, doch in diesem Moment war es, als würde die Strömung den Atem anhalten.
Ein Reflex ließ sie die Hand an die Jackentasche legen. Nicht zum Schutz. Zum Erinnern. Hier begann alles.
Ein Schatten bewegte sich unter der Brücke. Kurz. Kaum wahrnehmbar. Doch sie hatte gelernt, solchen Augenblicken zu trauen.
Sie ging weiter. Kein Blick zurück. Kein Zögern. Genau das wäre der Fehler. Wer auch immer dort war, beobachtete sie. Und wartete auf Unsicherheit.
Auf der anderen Seite der Brücke blieb sie kurz stehen. Horchte. Lauschte. Nichts. Keine Schritte. Kein Atem, der den falschen Rhythmus verriet. Nur das Wasser.
Sie zwang sich, den Weg entlangzugehen, bis sie hinter der Biegung aus dem Sichtfeld war. Erst dann drehte sie sich um.
Der Schatten war verschwunden.
Aber die Gefahr nicht.
Elina wusste, dass dies keine Nachricht war. Keine Warnung. Es war der Beginn. Von etwas, das sie nicht aufhalten konnte. Nur hinauszögern.
Sie ging weiter, die Finger verkrampft um das, was in ihrer Tasche lag. Kein Souvenir. Kein Symbol. Nur der Beweis, dass die Vergangenheit sie gefunden hatte.
Und dass sie jetzt diejenige war, die gefunden werden sollte.
Der Fluss rauschte weiter. Doch diesmal hörte Elina das andere Geräusch dahinter. Das leise, geduldige Schleifen von Schritten, die folgten.
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