Generalstreik in Belgien

In Belgien ist wieder Streik, und zwar nicht so ein kleiner „da fällt halt mal ein Bus aus“, sondern drei Tage am Stück, mit Ansage. Vom 24. bis 26. November legen nacheinander Bahn, öffentlicher Dienst und dann praktisch das ganze Land los – die großen Gewerkschaften haben sich auf eine Art Mini-Generalstreik verständigt, um der Bundesregierung zu zeigen, dass die ständigen Sparrunden und „Reformen“ nicht mehr einfach geschluckt werden. Im Alltag fühlt sich das so an: Busse streiken, Lehrer streiken, Müllabfuhr streikt, in Brüssel der Flughafen sowieso, und man selbst steht dazwischen und versucht, den Tag irgendwie organisiert zu bekommen. Die Bahn fährt nur eingeschränkt, viele Bus- und Tramlinien fallen aus oder fahren „wenn Personal da ist“, Schulen sind je nach Region offen, halb offen oder praktisch zu, und wer fliegen wollte, merkt plötzlich, dass Abflugzeiten in Belgien eher Vorschläge als feste Zusagen sind. Wir im Grenzgebiet haben dabei noch einen kleinen Vorteil: Wenn hier nichts mehr fährt oder der belgische Flughafen streikt, können wir immer noch auf Luxemburg ausweichen, von dort aus weiterreisen oder fliegen und uns so ein bisschen Bewegungsfreiheit zurückholen, während im Rest des Landes alles hängt. Natürlich gibt es Gründe: Die Gewerkschaften protestieren gegen Sozialabbau, Druck im öffentlichen Dienst, Stress im Gesundheitswesen, Kürzungen bei Renten und Löhnen, kurz: dagegen, dass immer bei denen gespart wird, die Schichten schieben, Kinder unterrichten, Patienten versorgen oder Busse fahren, während an anderer Stelle mit großen Zahlen jongliert wird. Man kann gleichzeitig genervt sein, weil man nicht zur Arbeit kommt oder Termine platzen, und trotzdem verstehen, warum Leute sagen: so geht es nicht weiter. Man kann die Aufrufe der Gewerkschaften lesen und innerlich zustimmen – und gleichzeitig fluchen, wenn man zum dritten Mal eine Alternative zum ausgefallenen Bus basteln muss. Belgien ist Streik gewohnt, aber wenn an drei Tagen in Folge gefühlt alles steht, merkt man sehr deutlich, wie abhängig dieses Land von all denen ist, die sonst einfach still ihren Job machen. Vielleicht ist genau das die eigentliche Botschaft dieses Streiks: nicht, dass alles lahmgelegt wird, sondern dass sichtbar wird, wer den Laden normalerweise am Laufen hält.