Triggerwarnung

Gut, heutzutage muss man sich ja immer dreifach absichern. Deswegen:

Triggerwarnung:

In diesem Text (das Buch „Dreizehnter März) geht es um schwere Krankheit, Klinik, Abschied und Trauer. Bitte lies nur weiter, wenn du dich emotional stabil genug fühlst.

Davon abgesehen ist es schon erhältlich, weil irgendwie wieder jemand nicht lesen konnte. Lach.

Es enthält auch seine Handschrift… die ISBN Nummer, die mir zufällig zugeteilt wird, bestehen aus unseren Geburtsdaten. Ist das nicht etwas gruselig? Es ist schön zu wissen, dass man niemals ganz vergessen wird.

Übrigens wird das eBook später erscheinen und nicht kostenlos über Kindle erhältlich sein (denn ich erhalte davon keine Tantiemen)- ich werde einen Teil der Einnahmender Krebshilfe stiften. Ich hoffe auf Euer Verständnis.

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Mein neues Buch erscheint am 13.12.

„Dreizehnter März“ – ein kleiner Appetizer

Es gibt Tage, die reißen einfach ein Loch in die Zeit. Davor ist Alltag, Einkaufszettel, Brotdosen, WhatsApp-Gruppen. Danach ist alles noch da – dieselben Häuser, dieselben Menschen – und trotzdem passt nichts mehr richtig ineinander. Genau um so einen Tag geht es in meinem neuen Buch „Dreizehnter März – Der Tag, an dem alles blieb“.

Ich habe dieses Buch nicht am Schreibtisch geplant, sondern zwischen Klinikfluren, Eifelhimmel und den winzigen Inseln dazwischen: einer Bank am Maar, einem Kaffee in St. Vith, einer zu engen Maske im Gesicht und diesem eigentümlichen Gefühl, gleichzeitig Mutter, Besucherin, Ehefrau, Patientin im falschen Körper und Protokollführerin des eigenen Lebens zu sein. Der dreizehnte März ist der Moment, an dem all das einfriert – wie ein Standbild, das man nicht wegklicken kann.

Die Erzählerin sitzt in einem Café, irgendwo zwischen Krankenhausluft und Dorfalltag, und versucht, sich an diesen einen Tag heranzutasten:

an den Geruch von Desinfektionsmittel und Filterkaffee,

an die Vulkaneifel, die an diesem Morgen noch so tut, als sei sie einfach nur schön,

an das Klingeln eines Telefons, das nicht mehr „nur“ ein Telefon ist,

an den Gedanken, dass ein Atemzug vier Takte haben kann – wenn es eng wird.

Es ist kein „Krankenhausdrama“, keine Heldengeschichte und kein Ratgeber. Eher ein leiser Seziertisch für die Frage: Was bleibt eigentlich übrig, wenn ein Mensch, den du liebst, langsam aus dem Leben rutscht, und du noch funktionieren musst – für Kinder, Behörden, Rezepte, Formulare, Wäschekörbe und das berühmte „Weiter“.

Und was passiert mit dir, wenn du es eines Tages nicht mehr tust.

Wer hier regelmäßig mitliest, kennt meine Mischung aus MitohneSahne: ein bisschen Humor, ein bisschen Sarkasmus, viel Realität – nur diesmal ohne Rezept am Ende, dafür mit einem Tag, der alles in Davor und Danach sortiert. „Dreizehnter März“ ist mein Versuch, diesen Tag festzuhalten, ohne ihn zu verklären, und trotzdem Platz zu lassen für das, was leise tröstet: kleine Momente, schiefe Witze im falschen Augenblick, die Eifel, die stur weiteratmet.

Wenn du Geschichten magst, die nicht laut sind, aber lange nachklingen –

die eher wie ein dunkler Kaffee sind als wie eine bunte Torte –,

dann könnte dieses Buch etwas für dich sein.

„Dreizehnter März – Der Tag, an dem alles blieb“ erscheint am 13.12.

Bis dahin erzähle ich hier auf dem Blog ein bisschen aus der Entstehung, lasse dich in mein Café mit hinein und vielleicht auch an ein, zwei Seiten teilhaben.

Ohne Happy-End-Garantie.

Aber mit genug Wahrheit, dass man sie nur in dünnen Scheiben lesen sollte.

Der Brief

Die Frage eines Freundes heute Morgen per WhatsApp:

Mein Sohn macht sich Sorgen wegen „des Briefes“ was soll ich ihm sagen?

Er, selbst noch Reservist hat die ganze Zeit nicht daran geglaubt, dass sie tatsächlich nun einfordern.

Ich schrieb:

Das ganze patriotische Gelaber wird jetzt Realität, und diese neue Generation ist stark und schlau – das sind keine dummen Klimakleber, sondern wache, mit Strategiespielen aufgewachsene Kids, mit KI im Rücken. Sie stoßen die Politik auf ihre Lügen und wollen Erklärungen, aufgeklärt durch Filme und Endzeit-Szenarien. Die wenigsten lassen sich verarschen. Und es sind immer noch nur Kinder, die manchmal einen „Gutenachtkuss“ wollen. Mit aufgeklärten Müttern, clever und stark wie Löwinen. Die bis hierher alles im Griff haben.

Mit Müttern, die ihre Brotdosen mit Lach-Smiley-Butterbrot und Karotten gebastelt haben.

Mütter wie ich.

Stell Dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin !

https://youtu.be/1q-Ga3myTP4?si=72_uy-qTdpKu0-nq

Verpasst

Die Lücke

Donnerstag, 19:47 Uhr

Er starrte auf sein Handy. Die Nummer war noch da, natürlich war sie noch da. Aber seine Hand bewegte sich nicht.

„Du kommst doch gleich?” Nadias Stimme aus der Küche, freundlich, aber mit dieser Erwartung darin.

„Ja, zwei Minuten.”

Er hatte „Donnerstag, 19:30” in seinen Kalender geschrieben. Früher. Als die Kinder noch klein waren. Mia hatte immer erzählt, was in der Schule passiert war, ohne Punkt und Komma. Und Leon hatte meist nur „gut” gesagt, bis er dann doch anfing, von seinem Minecraft-Projekt zu erzählen.

„Schatz?” Nadia stand jetzt in der Tür. Sie trug dieses blaue Kleid, das er mochte. „Das Essen wird kalt.”

„Komme sofort.”

Sie blieb stehen. „Du wolltest wieder anrufen.”

Es war keine Frage.

„Ich dachte nur—”

„Schatz.” Sie setzte sich neben ihn auf die Armlehne. „Wir hatten darüber gesprochen. Es tut dir nicht gut. Jedes Mal bist du danach für Tage… weg. Und es hilft den Kindern auch nicht, wenn Claudia dann wieder—”

„Ich weiß.”

Und er wusste es wirklich. Die letzten Male. Mias knappe Antworten. Leons Schweigen. Claudias Stimme im Hintergrund: „Ihr müsst jetzt Hausaufgaben machen.” Und dann diese Leere danach, die sich in seiner Brust ausbreitete wie Tinte in Wasser.

„Du siehst sie doch in zwei Wochen,” sagte Nadia leise. „Das ist der bessere Weg. Richtige Zeit zusammen, statt diese… merkwürdigen Telefonate.”

Richtige Zeit. Sechs Stunden alle zwei Wochen. Zoo, Kino, Burger essen. Gespräche, die sich anfühlten wie Vorstellungsgespräche. Wie geht’s in der Schule? Gut. Hast du neue Freunde? Geht so.

„Und du brauchst auch mal Ruhe,” fügte Nadia hinzu. Ihre Hand auf seiner Schulter. „Du kommst hier doch gar nicht mehr an, wenn du ständig dort bist. Innerlich.”

Er nickte. Sie hatte recht. Wahrscheinlich. Seine Therapeutin hatte etwas Ähnliches gesagt. Grenzen ziehen. Loslassen, wo man nicht mehr wirken kann. Sich auf das konzentrieren, was man aufbauen kann.

19:53 Uhr

Das Handy wurde dunkel. Er stand auf.

In der Küche roch es nach Lasagne. Nadia hatte Kerzen angezündet. Sie war bemüht. Wirklich bemüht. Das neue Leben, das sie zusammen aufbauten, es war gut. Meistens. Ruhig. Erwachsen.

„Riecht super,” sagte er.

Sie lächelte, erleichtert.


Zwei Jahre später

Mia war vierzehn geworden. Er hatte es von Claudias Mutter erfahren, die ihm eine knappe WhatsApp geschrieben hatte. Nicht eingeladen zur Feier. Zu kompliziert, hatte es geheißen.

„Du hättest trotzdem anrufen können,” sagte sein Bruder am Telefon.

„Nadia meint—”

„Nadia ist nicht deren Vater.”

Aber er hatte nicht angerufen. Weil Nadia mit diesem besorgten Blick gefragt hatte: „Willst du dir das wirklich antun?” Weil er sich die Zurückweisung nicht noch einmal abholen wollte.

Drei Jahre später

Leon hatte aufgehört, zu den Besuchsterminen zu kommen. Einfach so. Die SMS kam von Claudia: Er will nicht mehr. Lass ihm Zeit.

Mia kam noch. Manchmal. Aber sie war anders. Verschlossen. Ihr Handy immer in der Hand, als wäre es eine Rettungsleine.

„Wie ist es in der Schule?”

„Gut.”

„Erzählst du mir—”

„Papa, ich hab nicht so viel Zeit heute. Mama holt mich um vier ab.”

Es war halb zwei.

Zu Hause erzählte er Nadia davon. Sie strich ihm über den Rücken.

„Vielleicht ist es besser so,” sagte sie leise. „Für alle. Teenager brauchen Distanz. Und du… du kannst endlich durchatmen.”

Sieben Jahre später

Mia war zweiundzwanzig. Er wusste es, weil er den Kalender noch führte. Alle Geburtstage eingetragen. Alle wichtigen Daten.

Er hatte ihr zum Achtzehnten geschrieben. Keine Antwort.

Zum Neunzehnten. Zwanzigsten. Einundzwanzigsten.

Irgendwann hatte er aufgehört.

Leon hatte er seit vier Jahren nicht mehr gesehen. Auf Instagram postete er Fotos von Reisen, vom Studium, von Freunden. Sein Profil war öffentlich, aber er hatte die Freundschaftsanfrage nie bestätigt.

„Du musst loslassen,” sagte Nadia. Sie sagte es nicht mehr vorwurfsvoll. Nur noch matter. Als wäre sie selbst müde geworden von diesem Thema.

„Sie sind meine Kinder.”

„Sie waren deine Kinder.”

Und zum ersten Mal sah er in ihren Augen etwas, das wie Verachtung aussah.

Neunzehn Jahre später

Die Einladung kam per Post. Steife, cremefarbene Karte mit goldenen Buchstaben.

Mia Bergmann & Jonas Keller
laden zur Hochzeit ein

Sein Name stand nicht auf der Liste der Trauzeugen. Nicht unter den Rednern. Nur in der allgemeinen Einladung, höflich und distanziert.

Er saß im Café gegenüber der Kirche. Durch das Fenster sah er sie ankommen. Mia im weißen Kleid, strahlend. Leon in einem Anzug, größer als er ihn in Erinnerung hatte. Claudia mit ihrem Mann, der Mias Arm hielt, bevor er sie dem Bräutigam übergab.

Er hätte reingehen können. Die Einladung lag in seiner Tasche.

Aber er wusste: Er war dort nicht willkommen. Nicht wirklich.

Nadia war vor drei Jahren gegangen. Ohne Drama. Ohne Erklärung. Nur ein Brief auf dem Tisch: Ich kann nicht mehr zusehen, wie du dich selbst zerstörst. Sie hatte einen anderen Mann. Schon seit Jahren, er wollte es nicht sehen, wie so viele Dinge.

Das Haus war leer verkauft worden. Das Geld aufgeteilt. Sie hatte nie wieder geschrieben.

Siebenundzwanzig Jahre später

Die Nachricht kam von einer Nummer, die er nicht kannte.

Hallo. Hier ist Leon. Mia meinte, ich soll dir Bescheid geben: Sie hat letzte Woche einen Sohn bekommen. Ihm geht es gut.

Er starrte auf die Worte. Ein Enkel. Er war Großvater.

Seine Hände zitterten, als er zurückschrieb: Das ist wunderbar. Wie heißt er? Kann ich ein Foto sehen?

Die Antwort kam nach zwei Tagen.

Paul. Nein, besser nicht. Mia will ihre Ruhe.

Keine Erklärung. Keine Tür, die sich öffnete.

Nur diese Mauer, die über all die Jahre gewachsen war. Stein für Stein. Donnerstag für Donnerstag. Jedes Mal, wenn er nicht angerufen hatte.

Heute

Er saß am Fenster seiner kleinen Wohnung. Siebzig Jahre alt. Allein.

Auf dem Handy scrollte er durch alte Fotos. Mia mit vier Jahren auf seinen Schultern. Leon, wie er seine ersten Schritte machte.

Gesichter, die er kannte. Menschen, die ihn vergessen hatten.

Seine Kinder hatten nicht verstanden. Konnten nicht verstehen.

Für sie war er der Vater, der nicht anrief. Der nicht kam. Der an Geburtstagen schwieg und an Weihnachten nicht da war.

Dass Nadia ihm jeden Anruf ausgeredet hatte – das hatten sie nie erfahren. Das konnte er ihnen nicht erklären, ohne wie eine Ausrede zu klingen.

Dass er geglaubt hatte, er würde das Richtige tun, indem er Frieden wahrte, indem er nicht störte, indem er auf bessere Zeiten wartete – das zählte nicht.

Am Ende zählte nur: Er war nicht da gewesen.

Und irgendwann hatten sie aufgehört, auf ihn zu warten.

Er hätte kämpfen müssen. Gegen Nadia. Gegen Claudia. Gegen seine eigene Müdigkeit.

Aber er hatte es nicht getan.

Und jetzt saß er hier, mit einem Leben voller Rechtfertigungen, die niemand mehr hören wollte.

Draußen wurde es dunkel.

Es war Donnerstag.

19:47 Uhr.

Die Uhrzeit, zu der irgendwo da draußen ein kleiner Junge namens Paul vielleicht gerade ins Bett gebracht wurde. Von einer Tochter, die er verloren hatte. Von Großeltern aus Claudias Familie, die seinen Platz eingenommen hatten.

Von Menschen, die da waren.

Und er verstand endlich: Man verliert seine Kinder nicht in einem Moment.

Man verliert sie in tausend kleinen Momenten, in denen man nicht kämpft.

In denen man der falschen Person glaubt, dass Schweigen besser sei als Liebe, die unbequem ist.

Die Erkenntnis kam zu spät.

Sie kam immer zu spät.

Waffenstillstandstag

Heute ist in Belgien ein stiller Feiertag – kein Nationalfeiertag im eigentlichen Sinn (der ist am 21. Juli), aber ein offizieller Gedenktag: der Waffenstillstand vom 11. November 1918.

Man merkt es daran, dass vieles langsamer läuft: Banken und Behörden bleiben zu, viele Geschäfte haben verkürzte Öffnungszeiten, an manchen Denkmälern liegen frische Kränze. Kein großes Feuerwerk, keine Volksfeste – eher ein kurzes Innehalten im Alltag.

Kein deutscher Karneval, kein Tamtam und Alkoholkoma. Nichts davon.

In einem Land, das so dicht an den ehemaligen Frontlinien liegt, ist dieser Tag mehr als ein freier Tag im Kalender. Er erinnert daran, wie schnell Grenzen, Felder und Dörfer zu Schauplätzen werden können, und wie fragil das ist, was wir heute für selbstverständlich halten: Frieden, Bewegungsfreiheit, ein halbwegs normaler Alltag.

Vielleicht ist das der sinnvollste Teil dieses „Feiertags“: einmal kurz bewusst wahrnehmen, dass es nicht überall auf der Welt so ruhig ist wie an einem grauen Novembermorgen in Belgien – und dass das keine Garantie, sondern ein Zustand ist, den man pflegen muss.

„Der Abgleich“ von Elise d‘Our

Ich möchte mich bei allen bedanken, die „Der Abgleich“ gelesen und eine Rezension geschrieben haben.

Euer Feedback – ob kurz oder ausführlicher – ist nicht selbstverständlich, und ich weiß es sehr zu schätzen, dass ihr euch die Zeit dafür nehmt.

Mir war es in diesem Buch wichtig zu zeigen, wie Bürokratie und die vermeintliche „Passion“, den eigenen Job korrekt zu machen, dazu führen können, dass andere Menschen im übertragenen Sinn „um ihr Leben gebracht“ werden – dass man ihnen Stück für Stück Leben nimmt, ohne Blut, aber mit Akten, Formularen und Entscheidungen am Schreibtisch.

Ich beobachte seit Jahren, dass in Deutschland Mobbing, moralischer Druck und ein Klima des Wegschauens oft fast zum guten Ton gehören – moralisch und ethisch jenseits von gut und böse. Genau dieses Spannungsfeld wollte ich literarisch abbilden: Menschen, die funktionieren, Systeme, die sich selbst schützen – und diejenigen, die darunter zerbrechen.

Die Rückmeldungen zeigen mir, was an dieser Darstellung bei euch ankommt, was euch wütend macht, nachdenklich oder berührt. Das motiviert mich, weiterzuschreiben und die Reihe konsequent auszubauen.

Danke, dass ihr „Der Abgleich“ eine Chance gebt.

Paket- Babel

Der Lieferdienst und ich führen seit Monaten eine Beziehungskrise. Es geht immer um denselben Quadratzentimeter: direkt vor meiner Haustür. Für den Fahrer ist das der perfekte Ort – Paket hin, Foto machen, fertig. Für mich ist es der schlechteste Platz überhaupt: Zugluft, Regen, Straße, freie Sicht für jeden, der zufällig vorbeikommt und sich denkt: „Oh, ein Paket im Freien, wie aufmerksam.“

Nach ein paar durchweichten Kartons und einer Lieferung, die aussah, als hätte ein Traktor sie als Experiment benutzt, war klar: Ich brauche ein Schild. Kein großartiges Designprojekt, einfach nur: Bitte, bitte nicht vor die Tür. Da ich in Belgien lebe, war für mich logisch: mindestens drei Sprachen. Also bastle ich mir ein kleines Grenzland-Schild – Deutsch, Französisch, Niederländisch. Höflich, knapp, sachlich.

Auf Deutsch schreibe ich: Bitte kein Paket vor die Tür legen. Hinter dem Haus unter dem Carport abstellen. Danke. Auf Französisch: Merci de ne pas déposer le colis devant la porte. Derrière la maison, sous le carport, s’il vous plaît. Und auf Niederländisch: Gelieve het pakket niet voor de deur te leggen. Graag achter het huis, onder de carport neerzetten. Dank u.

Das Ganze drucke ich aus, klebe es an die Tür und denke: So, jetzt haben wir das Problem gelöst. Ein bisschen zu optimistisch.

Am nächsten Tag komme ich nach Hause. Da liegt ein Paket. Vor der Tür. So platziert, dass die Kante genau auf dem Wort „nicht“ liegt. Man könnte es als Kommentar verstehen.

Ich passe den Text nochmal an, mache ihn deutlicher, setze gedanklich ein Ausrufezeichen hinter jedes Wort. Wieder drei Sprachen, wieder der gleiche Inhalt. Wieder an die Tür. Nächstes Paket, gleiche Stelle. Es ist fast, als würden die Pakete von diesem Absatz magnetisch angezogen.

Und dann dämmert mir, was ich vergessen habe: Englisch. Ich mit meinen drei Sprachen, sehr stolz auf mein kleines EU-Projekt an der Haustür – und der Fahrer denkt wahrscheinlich in „delivery“ und „parcel“, nicht in „colis“ oder „pakket“. Es ist ein bisschen, als hätte ich eine perfekte Ansage gemacht, nur leider im falschen Radio.

Also gibt es eine letzte Version des Schildes, diesmal mit Vollausstattung.

Deutsch bleibt: Bitte kein Paket vor die Tür legen. Es wird nass, geklaut oder überfahren. Hinter dem Haus unter dem Carport abstellen. Danke.

Französisch bleibt auch: Merci de ne pas déposer le colis devant la porte. Il sera mouillé, volé ou écrasé. Derrière la maison, sous le carport, s’il vous plaît.

Niederländisch ebenso: Gelieve het pakket niet voor de deur te leggen. Daar wordt het nat, gestolen of platgereden. Graag achter het huis onder de carport neerzetten. Dank u.

Und dann kommt der fehlende Puzzlestein dazu, auf Englisch: Please do not leave the parcel in front of the door. It gets wet, stolen or run over. Please leave it behind the house, under the carport. Thank you.

Ich klebe das neue Schild an, nicht mehr ganz so hoffnungsvoll wie beim ersten Mal, mehr so im „Mal sehen, wer diesmal gewinnt“-Modus. An einem der nächsten Tage komme ich nach Hause, laufe automatisch zur Haustür, sehe nichts, gehe ums Haus – und da steht das Paket. Trocken. Unter dem Carport. Unaufgeregt. Genau da, wo ich es seit Monaten haben wollte.

Es lag also nicht an der Höflichkeit, nicht an der Formulierung, nicht an Deutsch, Französisch oder Niederländisch. Es lag daran, dass ich Englisch vergessen hatte. Vier Sprachen später funktioniert es – und mein Türschild hat jetzt offiziell mehr Text als manche Versandbestätigung.

Bosettis Woche

„Bosettis Woche“ #97 (24.10.2025) mit Christian Schulte-Loh

Diese Folge ist die akustische Entsprechung von lauwarmem Tee: 54 Minuten „Metadiskurs über den Diskurs“, garniert mit Rubrikenradio („Sätze für die Ewigkeit“, „Unterm Radar“, „Letzte Frage“) – alles hübsch durchmoderiert, aber ohne Biss, ohne Klarheit, ohne den Moment, in dem Satire von der Seitenlinie aufs Spielfeld wechselt. Titel und Line-up versprechen Punch, geliefert wird freundliches Rumgeeier. 

Das Herzstück – Merz’ „Stadtbild“-Nummer, während er in der Erzählung der Folge bereits Kanzler ist – wird nicht seziert, sondern gestreichelt: Man zitiert, schmunzelt, relativiert. Schulte-Lohs „Es ist doch immer Wahlkampf“-Mantra ist derartig banal, dass es als Pointe nicht taugt und als Analyse nicht reicht. So rutscht die Unterhaltung in eine Wohlfühl-Ambivalenz, die genau jene Betroffenheits-Luftnummer reproduziert, die sie eigentlich veralbern will. Ergebnis: Viele Worte, null Risiko. 

Das Tempo? Zäh. Die Dramaturgie? Rubrikenabhaken statt Haltung. Wo Satire Kanten bräuchte, gibt’s Einverständnislächeln. Wo Journalismus Fakten nachlegen müsste, gibt’s Format-Jingles. Und das Finale – die obligatorische „Letzte Frage“ – wirkt wie Füllstoff nach einer Stunde Smalltalk über Große Themen. So geht Öffentlichkeit in die Knie: Wir reden uns erschöpft und nennen das dann „Auseinandernehmen der Woche“. 

Kurz: Nett, glatt, gefällig. Aber Satire, die niemandem wehtut, hilft genau jenen, die sie kritisieren will. Wenn Deutschland untergeht, dann nicht wegen einer Pointe zu viel – sondern wegen dieser artigen, zahnlosen Diskurs-Massage. Was ein Schwachsinn!

Eine verlorene Stunde die mir den Typ und Bosetti noch unsympathischer machen. Sorry !

Kaffeehausflair

In St. Vith gibt es dieses eine Café, das in meinen Büchern immer wieder zum Schauplatz wird – nicht, weil es laut wäre, sondern weil es so still erzählt. In echt hat es den Charme eines Wiener Kaffeehauses: Holz, Spiegel, leises Besteckklirren. Morgens riecht es nach frisch gemahlenem Kaffee; man hört, das Frühstück sei großartig, und die Kuchentheke sieht genau so gefährlich aus, wie sie klingt.

Ich sitze nachmittags oft dort mit Notizbuch, schaue auf die Tür, lasse Figuren kommen und gehen. Manchmal landet ein Satz direkt auf dem Papier, manchmal nur ein Blick. Wer mich sucht: meistens irgendwo zwischen Cappuccino und Apfelkuchen – und einer Szene, die hier ihren Anfang nimmt.

Pudding mit der Gabel

Ich lebe ja nicht mehr in Deutschland. Vielleicht sehe ich’s deshalb klarer: Wenn sich dort inzwischen Hunderte Menschen treffen, um Pudding mit einer Gabel zu essen, dann läuft irgendwas schief – oder zu rund.

Kein Witz. In Parks, auf Plätzen, überall sitzen junge Leute mit Gabeln und Puddingbechern, ernsthaft und kollektiv. Angeblich als Zeichen von Gemeinschaft. Ich nenne es: Freizeit ohne Konzept.

Haben die Deutschen kein gutes Fernsehprogramm mehr? Keine Discos? Kein Bedürfnis, einfach mal wieder zu tanzen statt zu stochern?

Vielleicht ist es auch nur der Versuch, etwas Sinnloses zu tun, das wenigstens echt ist. Ein bisschen Widerstand gegen Streaming, Selfies und Überforderung.

Ja, ich weiß, dass das ein sozial-binäres, ideologisches, nicht-pauschalisierendes, tiefgründiges Konzept ist – aber hallo: Sind die nicht irgendwie drüber?

Kostenlos

Mein Buch „Der Abgleich“ gibts jetzt kostenlos bei Amazon Kindle .

Leider verdient man als Autor nicht daran, aber um sich bekannt zu machen ist es eine ganz gute Sache. Vielleicht, und da hoffe ich auf ein intelligentes Leseverhalten bekomme ich seitenweise Bätter- Tantiemen. Das sind dann 1,2 Euro pro Buch, die netto übrig bleiben.

Über eine Rezension würde ich mich deshalb im so mehr freuen … Danke

Mein Pfotenclown

Ich habe im Sommer einen Welpen gekauft. Mit Stammbaum von der Jagdelite Europas, feierlicher Übergabe und dem Blick, der sagt: „Ich gehöre auf Titelseiten und in dein Bett.“ Rasse: Deutsch Kurzhaar. Ein Jagdhund, offiziell in der Erziehung – was bedeutet, dass er draußen bereits aussieht wie die Disziplin selbst (Nase im Wind, Rücken gerade, Schritt federnd)… und drinnen wie ein sehr höflicher Wirbelsturm auf Pfoten.

Ja, wir haben ihn anfangs mit ins Bett genommen. „Nur für die erste Nacht“, sagten wir – bekanntestes letztes Wort der Hundehaltung. Ergebnis: Er schläft ohne mich nicht, ich schlafe ohne Hundebauch im Rücken nicht, und wenn er schlecht träumt, parkt seine kühle Suchnase irgendwo zwischen Ohr, Schulterblatt und Gewissen. Man soll das ja nicht, schon klar. Aber wer macht das nicht?

Die gute Nachricht: Jagdhund in Ausbildung heißt auch Hausfrieden durch Hirnarbeit. Sitz, Platz, Hier – alles mit der Eleganz eines Naturtalents, das seine Prüfung bereits im Schlaf besteht (in meinem). Apport? Kann er, bevorzugt Dinge, die nicht als Apportel gedacht waren: Socken, Löffel, meinen Ruf als „konsequente“ Hundehalterin. Fährtensuche? Durch den Flur, über den Teppich, direkt zur Keksdose. Und wenn ich „Nein“ sage, legt er den Kopf schief, als wolle er die Sinnhaftigkeit des Wortes grundsätzlich verhandeln.

Draußen ist er die Postkarte des deutschen Jagdhundwesens: Nase tief, Rute Waage, Schritt wie gemalt. Drinnen üben wir Zivilisation: Pfoten abtrocknen, Tür nicht sprengen, der Katze maximal intellektuelle Aufmerksamkeit schenken. Man kann ihm förmlich beim Denken zusehen. Das macht das Leben im Haus – Gott sei Dank – erstaunlich gut erträglich. Er will arbeiten, und wenn er gearbeitet hat, will er kuscheln. Reihenfolge variabel.

Abends dann unser Ritual: „Körbchen oder Bett?“ Er trabt zum Körbchen, betrachtet es, als würde dort eine Steuerprüfung warten, und schiebt im Rückwärtsgang schon den Kinnhaken auf die Matratze. Ich halte eine pädagogische Rede von exakt zwei Sätzen, dann legt er diese berühmte Pfote auf meinen Arm – die Pfote, mit der man Verträge schließt. Vertragstext: „Ich beschütze dein Herz, du beschützt meinen Schlaf.“ Unterschrift: Pfote.

Und ja: Man soll das nicht. Aber dieser Hund ist fünf Monate alt, groß wie ein Zwergpferd, hat einen Stammbaum, der sich lesen lässt wie ein Familienroman – und ein Gemüt, das nachts Sicherheit sucht. Er lernt jeden Tag jagdliche Höflichkeit, und ich lerne, dass Liebe manchmal nach nasser Schnauze riecht. Wenn ich morgens mit starrem Nacken, krümeligen Augen und diesem seligen Geräusch neben mir aufwache – diesem tiefen Huuuuff –, denke ich: Es gibt schlechtere pädagogische Fehltritte, als einem Jagdhund beizubringen, dass die Welt in Ordnung ist. Genau hier. Neben mir. Mit Nase irgendwo. Und Herz sehr, sehr voll.

Mein neues Buch, „Der Abgleich“

Der Abgleich – wenn ein Dorf zu still ist

Es gibt Orte, die so ruhig sind, dass man meint, sie wären friedlich.
Und dann merkt man: Sie sind einfach nur still, weil niemand mehr redet.

Der Abgleich spielt in so einem Ort. Irgendwo zwischen Eifel und Ardennen, dort, wo Belgien und Deutschland sich gegenseitig zublinzeln und man nie so genau weiß, auf welcher Seite man steht. Es ist ein Roman über Bürokratie, Macht und dieses Schweigen, das sich in Akten genauso festsetzt wie in Gesichtern.

Die Hauptfigur, Delia Eduit, kommt eigentlich nur, um Zahlen zu prüfen. Eine EU-Baustelle, ein Förderprojekt, alles Routine. Doch was sie findet, ist mehr als ein Rechenfehler. Es sind kleine Verschiebungen in Dokumenten, eine Unterschrift zu viel, ein Satz, der zu glatt klingt. Und plötzlich merkt man, dass hier niemand zufällig schweigt.

Der Abgleich ist kein Krimi im klassischen Sinn. Es gibt kein Blut, keine Verfolgungsjagd, keine Auflösung, die alles erklärt. Stattdessen gibt es das, was wirklich bleibt: Zweifel. Und diesen stillen Moment, in dem man spürt, dass etwas nicht stimmt – aber niemand es ausspricht.

Ich wollte ein Buch schreiben, das man nicht „durchliest“, sondern nachhallen lässt.
Eines, das sich wie Nebel anfühlt: man sieht nicht weit, aber man spürt, dass da etwas ist.

Vielleicht ist Der Abgleich deshalb auch ein Roman über uns selbst. Über die kleinen Kompromisse, die man schließt, um dazuzugehören. Über das Wegsehen, wenn’s bequemer ist. Und über die Frage, was Wahrheit eigentlich noch wert ist, wenn sie niemand hören will.

Und ja – es spielt in einem Dorf, das man sofort wiedererkennt, auch wenn es das offiziell gar nicht gibt.

Der Abgleich
Ein stiller, intensiver Grenzlandroman von Elise d’Our.
Jetzt erhältlich im Buchhandel und bei Amazon:
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Die Tränen des Kaisers

Am Wochenende, während halb Paris noch Croissants kaute, verschwand im Louvre ein Stück Geschichte – und zwar nicht irgendeins. Die Juwelen Napoleons, jene funkelnden Relikte aus einer Zeit, in der Macht noch mit Edelsteinen besetzt war, wurden geraubt. Einfach so. Mit einer Dreistigkeit, die selbst Arsène Lupin erröten ließe. Die Täter kamen angeblich in Warnwesten, als gehörten sie zur Baustelle, und gingen so selbstverständlich hinein, dass man sich fragt, ob höfliches Grüßen beim Betreten des Museums dazugehört hat. Vier Minuten später waren sie wieder weg – samt Diademen, Broschen und Ketten, die einst auf den Hälsen von Kaisergattinnen geglänzt hatten.

Es klingt fast komisch, wie eine Pariser Variante von „Mission Impossible“, nur ohne Musik und mit mehr Stil. Man stellt sich vor, wie irgendwo ein Roller tuckert, während der Louvre noch nicht begriffen hat, was gerade geschehen ist. Ein Raubzug im Takt der Rushhour – mit der Eleganz eines Gentleman-Diebs und der Präzision eines Schweizer Uhrwerks. Es wäre zum Lachen, wenn es nicht so weh täte.

Denn diese Stücke waren mehr als Schmuck. Sie waren Erinnerung, Geschichte, Symbol – winzige Scherben eines großen Traums von Glanz und Macht. Jetzt sind sie vermutlich in Einzelteile zerlegt, aufgeteilt, vielleicht schon eingeschmolzen. Und irgendwo, in einer stillen Werkstatt oder einem anonymen Keller, funkelt noch ein Smaragd und erinnert sich daran, dass er einmal die Sonne über Paris gesehen hat.

Doch je mehr Details ans Licht kommen, desto klarer wird, dass dieser Coup keine elegante Filmnummer war, sondern eine kleine kulturelle Katastrophe. Experten befürchten, dass die Täter den Schmuck nicht wegen seiner Schönheit, sondern wegen seines reinen Materialwerts mitgenommen haben. Gold, Platin, Diamanten – alles, was man einschmelzen, zerlegen, verstecken kann. Für die Geschichte aber bedeutet das Vernichtung. Was über Jahrhunderte erhalten blieb, droht in wenigen Tagen zu Staub zu werden. Kein Museum, kein Sammler, kein Staat kann das wiederherstellen.

Der Louvre ist unter Schock, Restauratoren sprechen von einem irreparablen Verlust. Der Wert der Juwelen – offiziell nicht bezifferbar – geht in die Millionen, doch der eigentliche Schaden ist nicht versicherbar. Man kann den Glanz einer Epoche nicht rekonstruieren, wenn die Steine, die ihn trugen, zu Schmelzperlen im Untergrund geworden sind. Frankreich trauert, Paris ist stiller als sonst, und irgendwo zwischen Seine und Montmartre liegt dieser seltsame Nachhall: der Gedanke, dass Schönheit vergänglich ist, vor allem, wenn sie in den falschen Händen landet.

Und so bleibt am Ende nicht das Gefühl eines raffinierten Coups, sondern ein leises Entsetzen. Der Traum von einem charmanten Lupin, der mit einem Augenzwinkern verschwindet, hat Risse bekommen. Die Realität ist roher, lauter, schmutziger. Kein Abenteuer, kein Witz – sondern ein Verlust, der weh tut wie ein Riss im Glas der eigenen Geschichte.

Nachtrag:

Es gibt kein perfektes Verbrechen. Schon gar nicht, wenn Gold im Spiel ist. Denn jedes Stück, jeder Ring, jede Brosche trägt einen einzigartigen chemischen Fingerabdruck – eine Art DNA aus winzigen Spurenelementen, die verrät, woher das Metall stammt und wie es verarbeitet wurde. Selbst wenn die gestohlenen Juwelen Napoleons längst eingeschmolzen sind, bleibt dieser Abdruck erhalten. Experten können die Herkunft von Gold bis zu seiner Mine zurückverfolgen, und genau das wird jetzt geschehen. Glaubt mir, ich kenne mich damit aus.

Das bedeutet: Auch wenn die Steine getrennt, die Fassungen zerstört und die Formen verloren sind, trägt das Material noch immer seine Geschichte in sich. Es ist, als würde die Zeit selbst Beweise liefern – stumm, aber eindeutig. Und wer glaubt, ein paar Gramm Gold ließen sich spurlos in den Schwarzmarkt schleusen, täuscht sich.

Hinzu kommt der emotionale Wert dieser Stücke. Sie waren keine beliebigen Schmuckstücke, sondern Symbole einer Epoche, getragen von Kaisern und Königinnen. Ihr Verlust ist nicht nur ein materieller, sondern ein kultureller Schock. In Frankreich spricht man inzwischen offen von einem „Angriff auf das nationale Erbe“. Wenn die Täter gefasst werden – und die Chancen stehen nicht schlecht –, wird der Prozess ein Exempel sein. Der Wert des Goldes mag in Zahlen messbar sein, aber die Schwere der Tat liegt in dem, was zerstört wurde: Erinnerung, Identität, Geschichte. Und dafür wird kein Gericht mild urteilen.

Die Printausgabe der Taz verschwindet

Die Nachricht kam leise, fast beiläufig:

Die taz stellt ihre werktägliche Printausgabe ein.

Ab Mitte Oktober (17.10) gibt es die Zeitung nur noch digital – auf Papier erscheint künftig nur noch die Wochenendausgabe.

Kein Aufschrei, kein Donnerwetter. Nur ein weiterer Punkt auf der langen Liste von Dingen, die verschwinden, weil sie angeblich niemand mehr braucht.

Aber ist das wirklich so einfach?

Wer liest eigentlich noch Zeitung?

Man könnte sagen: niemand. Zumindest, wenn man den Statistiken glaubt. Immer mehr Menschen informieren sich online – auf dem Handy, in Apps, beim Scrollen zwischen zwei Terminen.

Papier wirkt da plötzlich alt, schwerfällig, fast wie ein Relikt.

Und doch kenne ich sie: die Leute, die morgens ihre Zeitung aus dem Briefkasten holen, den Kaffeelöffel in der Tasse kreisen lassen und beim Rascheln der Seiten einmal tief durchatmen. Für viele ist das nicht Nostalgie, sondern ein Stück Struktur, ein Ritual, das dem Tag Halt gibt.

Gerade auf dem Land, wo der Bus selten kommt und das WLAN manchmal nur so tut, als wäre es da, bleibt Papier etwas Verlässliches. Und ältere Menschen, die keine Lust mehr haben, sich durch digitale Abo-Modelle und Cookie-Banner zu klicken, lesen weiter – wenn man sie lässt.

Die taz geht – und mit ihr ein Stück Alltag

Natürlich kann man verstehen, warum sich die taz zu diesem Schritt entschlossen hat.

Druck ist teuer, Papier noch teurer. Und wenn immer weniger Leute das Produkt kaufen, das man Tag für Tag druckt, rechnet es sich irgendwann nicht mehr.

Die Zeitung will das Geld lieber in Journalismus stecken als in Druckmaschinen – und das ist durchaus nachvollziehbar.

Aber es bleibt ein schaler Beigeschmack. Denn jede Printausgabe, die verschwindet, ist auch ein Stück Zugang, das verschwindet: für Menschen ohne Internet, ohne Smartphone, ohne stabile Verbindung zur digitalen Welt.

Könnte man Print nicht einfach anders denken?

Ich frage mich das schon länger:

Muss es denn immer ganz oder gar nicht heißen?

Könnte man nicht versuchen, Zeitung wieder näher an die Menschen zu bringen – kleiner, regionaler, greifbarer?

Zum Beispiel durch lokale Beilagen: eine wöchentliche Seite mit Geschichten aus der Region, aus Dörfern, die sonst niemand mehr erwähnt. Oder kleine Wochenblätter, die man beim Bäcker mitnimmt – handlich, übersichtlich, persönlich.

Ein Blatt, das nicht vorgibt, die Welt zu erklären, sondern die Nachbarschaft.

Man könnte auch mit Gemeinden, Bibliotheken oder Cafés kooperieren: dort, wo Menschen sich ohnehin begegnen, wo man noch Zeit hat, zu lesen.

Papier muss ja nicht jeden Tag kommen. Manchmal reicht einmal die Woche – dafür mit Inhalt, der hängenbleibt.

Zwischen Ideal und Realität

Klar, das klingt romantisch. Und teuer.

Lokale Redaktionen kosten Geld, und die Druckmaschinen laufen nicht aus Idealismus.

Aber vielleicht muss es auch gar nicht perfekt sein. Vielleicht reicht es, ein paar gedruckte Stimmen am Leben zu halten – als Gegenpol zum ewigen Scrollen.

Denn wenn alles nur noch digital ist, wird Information flüchtig.

Man scrollt, nickt, vergisst.

Papier zwingt dazu, kurz stehenzubleiben.

Fazit: Was bleibt

Die Entscheidung der taz ist ein Signal – aber kein Ende der Geschichte.

Vielleicht ist sie der Anstoß, über neue Wege nachzudenken.

Über regionale Geschichten, über andere Formate, über Zugänglichkeit jenseits des Netzes.

Denn es gibt sie noch, die Menschen, die Zeitung nicht nur lesen, sondern spüren wollen.

Und vielleicht braucht es genau sie, um Journalismus wieder auf den Boden zurückzuholen.

Müde

Nach Nächten vor dem PC, frühem Aufstehen für die Kinder – nein, Belgien hat keine Ferien – schlafe ich, wenn sie weg sind. Ich denke, das dauert noch bis zum Ende der Woche, bis ich irgendwie wieder meinen Rhythmus habe.

Das Dorf geht in den Winterschlaf. Es ist gemäht, der Kirmesbaum ist weg, und ein Teil steht bei mir im Wohnzimmer. Erst ist er zerbrochen, und dann haben sie ihn in Teilen an die Leute gegeben. Einen kleinen Hocker oder Blumenständer habe ich jetzt – als Erinnerung an wilde Nächte im Sommer.

Die Urlauber sind auch weg, der Campingplatz ist leer. Die Geranien sind auch weg – sie hatten zu nasse Töpfe diesen Sommer. Die Kaffeebohnen sind leer, und ich glaube, ich sollte keine morbiden Krimis mehr schreiben – eher was Lustiges? Oder was vollkommen anderes? Was denkt ihr?