Ich weiß, dass Sie gerade lesen.
Ja, Sie. Diejenige mit der Kaffeetasse in der Hand, oder derjenige, der eigentlich etwas anderes tun sollte.
Sie denken vielleicht, ich bin nur eine Figur. Eine Erfindung.
Das dachte ich auch.
Bis heute Morgen.
Ich saß am Küchentisch, mit der ersten Tasse Kaffee, und plötzlich hörte ich es: ein Kratzen, wie ein Stift auf Papier. Es kam nicht aus der Küche. Es kam nicht vom Nachbarn. Es kam von mir.
Ich ging zum Spiegel, nur um sicherzugehen.
Und da war es: ein Satz über meinem Kopf, wie ein Schweif aus Rauch.
„Elise d’Our steht auf.“
Ich stand auf.
Nicht, weil ich wollte, sondern weil ich nicht anders konnte.
Das Geräusch folgte mir durch den Flur. Ich hörte, wie jemand beschrieb, wie ich die Tür öffnete, wie ich stehen blieb, wie ich atmete.
Jede Bewegung war schon aufgeschrieben, bevor ich sie machte.
„Reicht jetzt!“ sagte ich laut.
Der Stift zögerte.
Dann hörte ich:
„Elise bleibt stehen.“
Ich blieb stehen.
Ich schwöre, das war der Moment, in dem ich wusste: Ich bin nicht verrückt. Ich bin auf einer Seite gefangen, und jemand schreibt mich.
Ich drehte mich um, sah direkt in die Luft, und sagte: „Dann schreib gefälligst was Gutes. Und lass mich diesmal gewinnen.“
Es folgte ein kurzes Kratzen.
Dann:
„Elise lächelt.“
Ich lächelte.
Widerwillig, aber ich lächelte.
„Okay,“ sagte ich. „Dann gehen wir eben zusammen weiter. Aber wenn du mich schon schreibst – mach’s spannend. Kein Kitsch, kein Pathos. Gib mir einen Fall, der mich wirklich fordert.“
Wieder dieses Kratzen.
Ich griff nach dem Notizbuch auf dem Tisch. Die Seite war leer.
Dann erschien Zeile für Zeile wie von Geisterhand:
„Heute Nacht wird jemand sterben.
Es gibt nur eine, die ihn retten kann.
Sie liest gerade diese Zeilen.“
Ich legte das Buch zu.
„Na schön,“ sagte ich. „Dann fangen wir an.“
Und genau jetzt – in diesem Moment – beginnt es.
Die Geschichte, in der ich entscheide, was passiert.
Vielleicht.
👍
LikeGefällt 1 Person