Die Nachricht kam leise, fast beiläufig:
Die taz stellt ihre werktägliche Printausgabe ein.
Ab Mitte Oktober (17.10) gibt es die Zeitung nur noch digital – auf Papier erscheint künftig nur noch die Wochenendausgabe.
Kein Aufschrei, kein Donnerwetter. Nur ein weiterer Punkt auf der langen Liste von Dingen, die verschwinden, weil sie angeblich niemand mehr braucht.
Aber ist das wirklich so einfach?
Wer liest eigentlich noch Zeitung?
Man könnte sagen: niemand. Zumindest, wenn man den Statistiken glaubt. Immer mehr Menschen informieren sich online – auf dem Handy, in Apps, beim Scrollen zwischen zwei Terminen.
Papier wirkt da plötzlich alt, schwerfällig, fast wie ein Relikt.
Und doch kenne ich sie: die Leute, die morgens ihre Zeitung aus dem Briefkasten holen, den Kaffeelöffel in der Tasse kreisen lassen und beim Rascheln der Seiten einmal tief durchatmen. Für viele ist das nicht Nostalgie, sondern ein Stück Struktur, ein Ritual, das dem Tag Halt gibt.
Gerade auf dem Land, wo der Bus selten kommt und das WLAN manchmal nur so tut, als wäre es da, bleibt Papier etwas Verlässliches. Und ältere Menschen, die keine Lust mehr haben, sich durch digitale Abo-Modelle und Cookie-Banner zu klicken, lesen weiter – wenn man sie lässt.
Die taz geht – und mit ihr ein Stück Alltag
Natürlich kann man verstehen, warum sich die taz zu diesem Schritt entschlossen hat.
Druck ist teuer, Papier noch teurer. Und wenn immer weniger Leute das Produkt kaufen, das man Tag für Tag druckt, rechnet es sich irgendwann nicht mehr.
Die Zeitung will das Geld lieber in Journalismus stecken als in Druckmaschinen – und das ist durchaus nachvollziehbar.
Aber es bleibt ein schaler Beigeschmack. Denn jede Printausgabe, die verschwindet, ist auch ein Stück Zugang, das verschwindet: für Menschen ohne Internet, ohne Smartphone, ohne stabile Verbindung zur digitalen Welt.
Könnte man Print nicht einfach anders denken?
Ich frage mich das schon länger:
Muss es denn immer ganz oder gar nicht heißen?
Könnte man nicht versuchen, Zeitung wieder näher an die Menschen zu bringen – kleiner, regionaler, greifbarer?
Zum Beispiel durch lokale Beilagen: eine wöchentliche Seite mit Geschichten aus der Region, aus Dörfern, die sonst niemand mehr erwähnt. Oder kleine Wochenblätter, die man beim Bäcker mitnimmt – handlich, übersichtlich, persönlich.
Ein Blatt, das nicht vorgibt, die Welt zu erklären, sondern die Nachbarschaft.
Man könnte auch mit Gemeinden, Bibliotheken oder Cafés kooperieren: dort, wo Menschen sich ohnehin begegnen, wo man noch Zeit hat, zu lesen.
Papier muss ja nicht jeden Tag kommen. Manchmal reicht einmal die Woche – dafür mit Inhalt, der hängenbleibt.
Zwischen Ideal und Realität
Klar, das klingt romantisch. Und teuer.
Lokale Redaktionen kosten Geld, und die Druckmaschinen laufen nicht aus Idealismus.
Aber vielleicht muss es auch gar nicht perfekt sein. Vielleicht reicht es, ein paar gedruckte Stimmen am Leben zu halten – als Gegenpol zum ewigen Scrollen.
Denn wenn alles nur noch digital ist, wird Information flüchtig.
Man scrollt, nickt, vergisst.
Papier zwingt dazu, kurz stehenzubleiben.
Fazit: Was bleibt
Die Entscheidung der taz ist ein Signal – aber kein Ende der Geschichte.
Vielleicht ist sie der Anstoß, über neue Wege nachzudenken.
Über regionale Geschichten, über andere Formate, über Zugänglichkeit jenseits des Netzes.
Denn es gibt sie noch, die Menschen, die Zeitung nicht nur lesen, sondern spüren wollen.
Und vielleicht braucht es genau sie, um Journalismus wieder auf den Boden zurückzuholen.
Ich bin ziemlich zwiespältig. Auf der einen Seite arbeite ich in der IT, bin überzeugt von ihrem Nutzen. Auf der anderen Seite bin ich Nostalgiker. Und ich werde älter. In sechs bis acht Jahren geht es in Rente. Dann habe ich auch werktags Zeit für ein ausführliches Frühstück. Am liebsten mit analoger Zeitung, nicht mit Tablet. Und die ist dann mal weg.
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Ich wohne mittlerweile in Belgien. Tatsächlich gibt es hier bei den ü- 60 jährigen kein Internet. Nur Zeitung per Papier, kein Smartphone und Hauptinformation ist immer noch das Fernsehen … Mit der Streichung von Print nimmt man einer kompletten Altersschicht die Informationsmöglichkeit, falls es Schule machen sollte. Gut das es bis heute NUR DIE TAZ ist.
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Dabei wird es vermutlich nicht bleiben. Danke für die Info. Wir haben dieses Jahr Urlaub in der Normandie gemacht. Da haben wir auch Belgien übernachtet. Ich muss schon sagen, unser Weg ist nicht immer der beste. Wir sollten uns deutlich mehr über Lebensweisen in Europa austauschen. Wir können viel von einander lernen.
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Lies mal auf meinem Blog – Handy- Nutzung für Kinder ist rückläufig bis verboten an Schulen- generell wird hier weniger über Lobby, sondern unmittelbar mit den Betroffenen kommuniziert.
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Naja,
was hat man als Zeitungsleser, wenn die Zeitung nicht da ankommt wo Sie ankommen soll.
Im Briefkasten.
Meine Schwester hat Ihr Abo bei der Taz irgendwann auf Postzustellung umgestellt.
Da kam Sie wenigstens auch meistens an.
Als Sie ins andere Stadtteil umzog hat Sie das Abo gekündigt.
Ich denke die Zeitung in der Hand zu halten ist nicht mehr sehr in.
Seine informationen kann man sich auch anders besorgen.
In meinem Bekanntenkreis kauft keiner mehr ne Zeitung.
Wenn ich mir die Zeitungspreise wie von der MOPO in Hamburg anschaue finde ich es ne Frechheit die noch zu verkaufen wenn in jedem 2ten Artikel steht, müssen Sie im Internet zum bezahlen writerlesen.
So eine Zeitung braucht dann kein Mensch für fast 2€.
Dann bezahle ich gleich im Internet oder lasse das Zeitungslesen ganz.
Ich lasse es inzwischen tatsächlich ganz und lesen nur bei uns die Wochenblätter und die auch nur,
wenn ich mal eines hier in den Stadtteilen in die Hand bekomme.
Aber dann die aus jedem Stadtteil.
Selbst diese Zeitung ist inzwischen nicht mehr soo invormatif wie Sie mal war.
Die Stellenanzeigen sind überall in jedem Blatt die gleichen und es ist oft nur noch dazu da die Werbung in die Briefkästen zu verfrachten habe ich das Gefühl.
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Ich verstehe Dich. Ich verstehe auch dass es in großen Teilen von Deutschland bestimmt überflüssig ist, Papierzeitung zu drucken. Auch das Werbeprospekt- Problem ist ein Thema. Allerdings bleiben wie gesagt, ältere Menschen gerade auf dem Land, auf der Strecke. Nun ja, die Taz wird hier nicht gelesen ( bestimmt weniger in ländlichen Gebieten) , aber wenn die lokale Zeitung HIER über die Printausgabe nachzudenken beginnt, haben wir gerade auf dem Land, ohne Internet in jedem Haushalt, ein Problem.
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Meine Eltern haben auch das Abo vom Hamburger Abendblatt schon so lange ich denken kann.
Und wohnen auf dem Land ohne Computer.
Ich denke ja, fur die ist es unvorstellbar keine Zeitung zu haben.
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